Altpapier Sammler
/Eine bewegende Geschichte sei hier erzählt. Sie ist Zeitzeuge von menschlichen Schicksalen und der Warmherzigkeit hier auf der Wieden:
Beinah täglich wandert ein älterer, recht verwirrter Zeitgenosse herum, der der Überzeugung ist, dass man einer Altpapier-Mafia das Handwerk legen müsse.
Die Verwirrtheit ist leider einer gewissen Altersdemenz geschuldet. Wie ich inzwischen erzählt bekommen habe, war er zeitlebens recht aktiv und agil und in seinem früheren Berufsleben ein hochgeachteter Manager. Seine Umtriebigkeit hat er bis heute nicht abgelegt - nur das Betätigungsfeld hat sich verändert.
Körperlich recht fit, kümmert er sich heute nicht mehr um wirtschaftliche Geschäfte, sondern wuselt auf der ganzen Wieden von Altpapier-Container zu Altpapier-Container und sammelt Kartons und Papier zusammen, um sie dann - teilweise per Zug - weg zu transportieren. Sommer wie Winter. Unermüdlich.
Manche erzählen, er sei mit der einen oder anderen Altpapier -“Fuhr” tatsächlich schon bis nach Italien gefahren, um sie dort abzuladen.
Den länger auf der Wieden angesiedelten Einwohnern und Geschäftstreibenden ist der “Altpapier-Mann” bestens bekannt. Sie haben ein Auge auf ihn, damit ihm nichts zustößt. Denn eines klar: er hat beste Absichten, schimpft zwar am Altpapier-Container lautstark (mit sich selbst). Ist aber nicht bösartig, sondern friedfertig. Eben auf seine Art.
Und gerade in Covid19-Zeiten schauen nun alle doppelt und dreifach auf ihn. Denn schließlich ist er Risikogruppe. Trug und trägt allerdings aufgrund des verwirrten Zustands natürlich weder Handschuhe noch Schutzmaske. Trifft man ihn also beim Container, passt jede/r auf, den gebührenden Abstand zu halten, um ihn zu schützen. Denn er selbst kann es nicht mehr. Auch das ist die Wieden. Bewegend und mitfühlend!
Euer Patrick Schönberger, Euer Kaffeegreissler