Wo sind die Rauchfangkehrer geblieben?

Einfach zum Nachdenken:

Foto aufgenommen im Rauchfangkehrer Museum, 1040 Wien, Klagbaumgasse

Direkt in unserer Nachbarschaft gab im vorigen Jahrhundert ein tolles Wirtshaus, das weit über die Bezirksgrenzen bekannt war. Nach der Pensionierung der ehemaligen Besitzerin ging es in neue Hände über und nach und nach kam das Lokal in die Jahre.

Als wir dann von Naber das Steh-Café übernahmen und unseren Schönbergers Kaffeegreissler eröffneten, war das Lokal schon sehr “runtergewirtschaftet”. Die Küche wurde nicht mehr bewirtschaftet - den Stammkunden wurden ein paar kalte Brötchen serviert. Die Sanierungsarbeiten blieben aus und so mutierte es mehr und mehr zu einer reinen Bier- und Weinschenke. Wohlwollende nannten es “Beisl”, böse Zungen sagten auch “Alkohol-Schenke” ;)

Das Spezielle bzw. Kuriosum daran: die Stammgäste des etwas in die Jahre gekommenen Beisls waren vor allem Rauchfangkehrer! Die trafen sich täglich nach getanem Dienst auf diverse Spritzer.

Wenn man einen Glücksbringer brauchte, war damals klar, wo man danach suchen konnte.

Und da sich die Öffnungszeiten eines Lokals oft nach dem Stammpublikum richten, schloss das Lokal spätestens um 14 Uhr, damit man Tags darauf morgendlich ab 5.30 Uhr wieder fit fürs Stammpublikum sein konnte. Zielgruppen-elastische Öffnungszeiten also ;)

Irgendwann musste die Schenke endgültig schließen, da sich das Konzept offenbar nicht mehr rechnete. Traurig für die Wieden, wo doch solche ursprünglichen Institutionen extrem wertvoll für die Nahversorgung und Geselligkeit sind.

Euer Patrick Schönberger, Euer Kaffeegreissler
PS: Inzwischen haben sich Nachpächter gefunden, die das Lokal in einem langwierigen Prozess liebevoll und mit viel Geduld mit den Ämtern von Grund auf saniert haben. Wir sind sehr froh darüber! Schließlich lebt eine Einkaufstraße von der Abwechslung, der Frequenz. Und Abends ist auch die Beleuchtung ein nicht uninteressanter Faktor - schließlich machen die’s gemütlich und auch sicher!